Ich bin schwul. Ich liebe meinen Mann. Aber er ist nicht mein Ehemann. Uns trennt hauptsächlich ein Wort: Ehe. Darum ist das Wort so wichtig. Als ich vor drei Jahren auf dem Standesamt in die Vitrine der „Stammbücher der Familie“ schaute, herrschte mich eine Beamtin vor dem ganzen Saal an: „Die Bücher für Partnerschaften stehen auf dem Flur. Gehen Sie dahin.“
Natürlich bin ich schon als „Schwuchtel“ beschimpft worden, damit kann ich leben. Schwul sein, das ist nicht immer wie eine bunte CSD-Parade. Denn ich kann und muss heutzutage zum Beispiel damit leben, dass „Gangster“-Rapper in ihren Songs Schwule mit Hass überziehen. Aber vom Staat und seinen Dienern bloßgestellt zu werden, das tut ganz anders weh. Das habe ich nicht verdient!
Ich habe verdient, dass der Staat ein Zeichen gegen die Menschen setzt, die mich wegen meiner Liebe anfeinden, mich verachten. Ich habe verdient, vor dem Gesetz gleich zu sein. Das Wort Ehe darf mich nicht mehr von der Mehrheit der Menschen trennen – es sollte mich mit ihr einen. Ich will niemandem den Glauben nehmen. Wer glaubt, dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau heilig ist, dessen persönliche Meinung akzeptiere ich.
Nur – Gott hat zu Recht nichts mit dem Recht in Deutschland zu tun. Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit, ist aus gutem Grund blind. Sie soll keine Unterschiede zwischen Mann und Frau, Arm und Reich, Schwarz und Weiß „sehen“. Die Gegner der Ehe für alle argumentieren, dass die Ehe zwischen Mann und Frau (aus der Kinder entstehen) einen besonderen Schutz verdient. Schließlich sei das die Keimzelle der Gesellschaft – ihr Motor. Daran ändert sich durch die Ehe für alle nichts. Heterosexuelle Paare sind durch den gesellschaftlichen Wandel schon länger davon befreit Kinder haben „zu müssen“. Durch diese bewusste Entscheidung haben diese Paare die Ehe nicht entwertet. Auch homosexuelle Paare werden das nicht tun, denn auch sie leisten weiter ihren Beitrag zum Allgemeinwohl.
Deshalb sage ich: Wir müssen auch die Gesellschaft schützen, in der Einigkeit und Recht und Freiheit die höchsten Güter sind. Und in diese Gesellschaft müssen homosexuelle Menschen jetzt vollständig aufgenommen werden. Auch meine Liebe verdient Schutz.
Der Autor (Daniel Cremer) hat diesem Artikel geschrieben und wurde am 28.06.2017 in der digitalen Ausgabe der BILD veröffentlicht.