Als eines der letzten westeuropäischen Länder vollzieht Deutschland an diesem Sonntag den Schritt zur vollen rechtlichen Gleichstellung Homosexueller und Heterosexueller im Eherecht: Gleichgeschlechtliche Paare dürfen dann mit allen Rechten und Pflichten heiraten. Sie dürfen dann auch gemeinsam Kinder adoptieren. Damit Interessierte gleich am ersten Tag heiraten können, werden in einigen Städten die Standesämter ausnahmsweise an diesem Sonntag öffnen - auch in Norddeutschland.
Hannoveraner Pärchen sind wieder Vorreiter
So sind in Hannover bei einer Sonderöffnung am 1. Oktober zwei Eheschließungen geplant: "Dabei handelt es sich um das männliche Paar mit der damals ersten Lebenspartnerschaft in Deutschland, und auch um das weibliche Paar, das 2001 die erste lesbische Partnerschaft Deutschlands begründet hat", sagte Stadtsprecher Udo Möller. Damit sich die beiden Paare als eingetragene Lebenspartnerschaft registrieren lassen konnten, ließ die niedersächsische Landeshauptstadt 2001 das Standesamt extra früher öffnen, um bei der "Homo-Ehe" bundesweit vorn zu sein. "Wir haben vor 20 Jahren den Weg gemeinsam begonnen, mit der Ehe wird es einfach rund", meinte die jetzt 53-jährige Dorle Göttler. Den 2. Oktober haben in Hannover 18 Paare als Termin für ihre gleichgeschlechtliche Eheschließung reserviert.
Der lange Weg von der "Hamburger Ehe" bis zur "Ehe für alle"
Auch in Hamburg werden sich an diesem Sonntag einige gleichgeschlechtliche Langzeit-Paare das Jawort geben. Einige hatten schon vor rund 20 Jahren die symbolische "Hamburger Ehe" miteinander geschlossen, gingen dann 2001 die eingetragene Lebenspartnerschaft ein und wollen ihren Bund nun mit der Ehe für alle besiegeln. 15 homosexuelle Paare lassen sich am 1. Oktober im eigens dafür ab 14 Uhr geöffneten Hamburger Rathaus trauen. Im Anschluss lädt Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) die Frischvermählten und ihre Angehörigen zu einem Senatsempfang. Bereits Anfang September lagen in der Hansestadt 48 Voranmeldungen zur Eheschließung vor. Außerdem wollten 116 Paare ihre bereits eingetragene Lebensgemeinschaft in eine Ehe umwandeln lassen.
Verhaltenes Interesse in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern
In kleineren Städten oder ländlichen Gebieten gibt es in allen norddeutschen Bundesländern oft nur vereinzelte Anfragen. Der Andrang auf die Standesämter hält sich insgesamt in Grenzen. Wegen des eher geringen Interesses öffnen die Standesämter in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein nur ganz regulär, also ab Montag. So gibt es für den 2. Oktober beispielsweise in Kiel fünf Termine, dabei handele es sich um Umwandlungen von eingetragenen Partnerschaften in die Ehe für alle, sagte der Kieler Sprecher Arne Gloy im Gespräch mit NDR.de. Bis 2018 hinein gebe es aber bereits viele Anmeldungen. Terminvormerkungen etwa für das Standesamt Rostock gibt es nach Auskunft von Rostocks Sprecher Ulrich Kunze ab November. Die Termine für Oktober seien bereits mit anderen Trauungen belegt gewesen, als im Juni der Bundestagsbeschluss zur Ehe für alle kam. Insgesamt gebe es vereinzeltes Interesse, aber im Vergleich zu den Anfragen für herkömmliche Eheschließungen blieben die Zahlen eher niedrig.
Auch lesbisches Paar aus Barth will heiraten
Heiraten wollen auf jeden Fall Christine und Gundula Zilm aus Barth (Landkreis Vorpommern-Rügen). Die Begegnung mit diesem Paar hatte möglicherweise zum Sinneswandel von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beigetragen und so den Weg zur Ehe für alle mit geebnet. Ursprünglich habe es die Idee gegeben, schon im Oktober zu heiraten. Das habe aber terminlich nicht geklappt. "Jetzt heiraten wir am 5. Februar in Barth", sagte Gundula Zilm im Gespräch mit NDR.de. Gefeiert werde dann am Urlaubsort Hamburg.
Technik spielt noch nicht ganz mit
Die Technik hält mit den gesellschaftlichen Neuerungen allerdings noch nicht ganz Schritt. Wegen Software-Problemen muss einer der Partner im Eheregister entgegen seines Geschlechts als "Ehefrau" oder "Ehemann" geführt werden. Eine Anpassung müsse vom Anbieter der Software vorgenommen werden und werde voraussichtlich erst 2018 umgesetzt, prognostizierte der hannoversche Stadtsprecher Udo Möller. "Die Urkunden werden aber in jedem Fall richtig ausgestellt."
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