Mittwoch, 04. Dezember 2024
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Pressemitteilung der BAG LesBiSchwule Eltern & PartnerInnen e.V.

Berlin, 26.06.2000

Die Bundesarbeitsgemeinschaft LesBiSchwule Eltern & ParnterInnen e.V. (love makes a family) begrüßt die geplante Gesetzesvorlage der rot/grünen Koalition zur "eingetragenen Partnerschaft" als wichtigen Beitrag zum Abbau von Diskriminierungen von lesbischen und schwulen Lebensgemeinschaften.

Wir bemängeln aber die Zurückhaltung in den Punkten, die das Zusammenleben von Lesben und Schwulen mit Kindern betreffen. Insbesondere die Frage des gemeinsamen Adoptionsrechts, des Kindersorgerechts, des Erziehungsurlaubes für lesbisch und schwule Paare mit Kindern, sowie die fehlende Unterstützung von Lesben und Schwulen mit Kinderwunsch.

Die Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin begründete in einem Interwiev mit dem Kölner "Sonntags-Express" das Fehlen einer Adoptionsregelung für Lesben und Schwule damit, daß es bereits möglich sei als Einzelperson Kinder zu adoptieren, wenn es dem Kindeswohl entspreche. Sie machte ferner deutlich, dass es bei der Adoption nur um das Wohl des Kindes und nicht um die Rechte von Erwachsenen gehe.

Fakt ist jedoch das lesbischen und schwulen Paaren auch nach einer möglichen standesamtlichen Eintragung ein gemeinsamer Adoptionsantrag verwehrt bleibt. Gleiches gilt auch für unverheiratete heterosexuellen Paare.

Dies und die bei anderer Gelegenheit oft benutze Aussage, dass dieses Thema sehr behutsam angegangen werden müsse vermittelt leicht den Eindruck, dass es dem Kindeswohl möglicherweise schaden könnte, wenn es bei einem gleichgeschlechtlichen Paar aufwachsen würde. Auch wenn durch prominente Beispiele wie Patrick Lindner versucht wird diesem Bild entgegen zu wirken, erscheint es, als kämen alleinstehende Personen als potentielle "Eltern" ehr noch in Frage als Unverheiratete bzw. zukünftig eingetragene gleichgeschlechtliche Paare.

Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass es für Kinder wichtig ist zwei elterliche Bezugspersonen zu haben. Ferner wurde in Studien festgestellt, dass gleichgeschlechtlich orientierten Menschen sich in ihrem Erziehungsverhalten nicht von Heterosexuellen unterscheiden. Auch entwickeln sich Kinder in homosexuellen Elternhäusern in gleicher Weise, wie in heterosexuellen Familien. Es bleibt für uns somit unverständlich warum nur Ehepaaren und Einzelpersonen die Möglichkeit zur Adoption von Kindern gewährt wird.

Kinder haben ein Recht auf Eltern die sie lieben. Warum sollten diese Kriterien nur Ehepaare und Einzelpersonen erfüllen?

Sogar bei der Vermittlung von Pflegekindern werden Homosexuelle gemeinsam als Pflegeeltern anerkannt und, wenn auch noch recht selten, vermittelt. Warum dann nicht bei der Adoption ?

Schon die CDU-geführte Bundesregierung hat in ihrem Familienbericht 1995 festgestellt: "...
Ein Beitrag gleichgeschlechtlich orientierter Menschen zur Erziehung der nachfolgenden Generation ist auch ein Beitrag zur Weiterentwicklung des menschlichen Humanvermögens".

In der Bundesrepublik leben bereits rund 1,5 Millionen Lesben und Schwule mit Kindern. Andere Schätzungen gehen sogar davon aus das bereits jede dritte Lesbe und jeder fünfte Schwule Kinder erzieht. Und eine sehr große Zahl von Lesben und Schwulen würden gerne Kinder haben, wenn die gegen sie immer noch herrschenden Vorurteile endlich abgebaut wären.

Die Zurückhaltung bei der Behebung von familienrechtlichen Ungerechtigkeiten für Lesben und Schwule mit Kindern, schadet nicht nur den Eltern sondern in einem besonderen Maße auch deren Kindern. Denn diese müssen sich nach wie vor in Schule und Gesellschaft für die Homosexualität ihrer Eltern rechtfertigen und werden ebenfalls mit typischen Vorurteilen gegenüber Lesben und Schwulen konfrontiert.

Diese unbegründeten Vorurteile und Diskriminierungen von Lesben und Schwulen dürfen nicht als Argument mißbraucht werden, ihnen das Recht auf Familie und Kindern zu verwehren. Es würde ansonsten bedeuten, dass Homosexualität doch nicht so "normal" ist wie es mit dem Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft erreicht werden soll.

Die Bundesarbeitsgemeischaft LesBiSchwule Eltern & PartnerInnen fordert daher die Koalitionsfraktionen auf, neben der Bearbeitung des Gesetzentwurfes zur eingetragenen Partnerschaft, familienrechtliche Benachteiligungen von Lesben und Schwulen mit Kindern zu beseitigen:

  1. Familienrechtlichen Bestimmungen die heterosexuellen Paaren mit Kindern zugute kommen müssen gleichermaßen für lesbische und schwule Paaren mit Kindern gelten.
  2. eingetragen lesbische und schwule Paaren aber auch unverheirateten Paaren muß ermöglicht werden, gemeinsam wie Eheleute und Einzelpersonen einen Adoptionsantrag stellen zu dürfen, der dann gleichberechtigt zu beurteilen ist.
  3. Unverheiratet und gleichgeschlechtliche Paare müssen die Möglichkeit haben sich den Erziehungsurlaub wie Eheleute teilen zu können.
  4. Gesetzliche Bestimmungen die das Sorgerecht und Umgangsrecht von Kindern betrifft müssen in gleicher Weise auch für homosexuelle Eltern gelten.
  5. Familienpolitisch müssen Maßnahmen erarbeitet werden, die Lesben und Schwule in Ihrem Kinderwunsch unterstützen und helfen diesen zu realisieren.
  6. Bildungspolitisch sind Maßnahmen zu erarbeiten, die deutlich machen, dass Homosexuelle Elternschaft denen heterosexueller Elternschaft gleichgestellt ist und von Staat gleichermaßen gefördert wird.

Klaus-Peter Büchner und Jana Tschorn Bundesvorstand